Die Anmeldung einer Marke
Zwischenzeitlich haben es die letzten, sich auch im Markenrecht tummelnden, spezialisierten Rechtsanwaltskollegen gemerkt: Es gibt seit März 2012 eine BGH-Entscheidung, die eine Kehrtwende bedeutet!
Der TÜV hat hier untechnisch gesprochen damit zu tun. Um den ging es.
Seither wird juristisch viel geprüft, wo früher nur Antrag an Antrag gereiht wurde… streng nach dem Motto:
Das Gericht wird es schon richten…!“
Das Markenrecht ist doch gar nicht so einfach, wie es scheint. So manch einer hat sich bisher in diesen Gefilden bewegt, ohne wirklich Durchblick zu haben.
Für Mandanten und potentielle Markenanmelder ist diese Spezialisierung und das Know-how nur ganz schwer überprüfbar, beziehungsweise erkennbar, ob ein im Markenrecht wirklich versierter und erfahrener Anwalt seine Dienste anbietet bzw. beauftragt wird oder, ob es sich um einen gelegentlich markenrechtlich tätigen Rechtsanwalt handelt, der letztlich aus angelesenem Wissen – dann mehr oder weniger autodidaktisch – agiert.
Das Thema der BGH-Entscheidung in kurzen einfachen Worten:
Wird ein Unterlassungsanspruch aus mehreren Ansprüche hergeleitet und werden diese Ansprüche in einer Klage kumulativ, also alle zusammen, geltend gemacht, dann ist u. a. für die Kostenfolge die Reihenfolge der Ansprüche entscheidend (natürlich auch die Auffassung des Gerichtes)…
Stellt der Antragsteller beispielsweise fünf Anträge in der Reihenfolge 1-5 und stützen sich sämtliche Unterlassungsanträge auf unterschiedliche Kennzeichenrechte wie
1.) Wortmarke,
2.) Wort-/Bildmarke,
3.) Bildmarke,
4.) notorisch bekannte Marke,
5.) Unternehmenskennzeichen
und ist das Gericht der Auffassung, dass der Unterlassungsanspruch nur auf Grund der Verletzung des Unternehmenskennzeichens besteht, kann es in der Konsequenz kostenrechtlich entscheiden, dass sämtliche anderen Ansprüche, sofern diese vor dem durchgreifenden Anspruch geltend gemacht wurden, zur Kostentragungspflicht führen.
Es wird dann in seinem Urteil die Anträge 1-4 abweisen, der Klage im Antrag Ziffer 5.) Statt geben und, wenn die Klage auf alle Anträge gestützt wurde ohne Alternativverhältnis, höchstwahrscheinlich eine Kostenquote von 80 % zu Lasten des Klägers aussprechen, obwohl dieser letztlich obsiegt.
Die Anwaltskanzlei CMS hat in ihrem Blog „www.cmshs-bloggt.de/gewerblicher-rechtsschutz/vom-plotzlichen-tod-der-alternativen-klagehaufung“ hierzu instruktiv ausgeführt.
Ein Zitat sei aus „www.cmshs-bloggt.de/gewerblicher-rechtsschutz/vom-plotzlichen-tod-der-alternativen-klagehaufung“ (statt weiterer eigener Ausführungen an dieser Stelle zur Beleuchtung) eingefügt:
„Dort hat der BGH festgestellt, dass die alternative Klagehäufung gegen § 253 II Nr. 2 ZPO verstößt. Bei der alternativen Klagehäufung leitet der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) her und überlässt dem Gericht die Auswahl, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt. Lehrbuchbeispiel ist der Klagantrag auf Zahlung von Euro 10.000,00, der alternativ auf Darlehen und Kaufvertrag gestützt wird.“
Die Ansprüche auf Unterlassung der Nutzung eines Kennzeichens (Unternehmenskennzeichen und Marke) durch den Wettbewerber sind in üblichen Verletzungsfällen klar und eindeutig, d. h. es ist in der Regel offensichtlich, dass der Verletzer (der in der Regel ein Trittbrettfahrer ist und die Bekanntheit einer Marke oder eines Unternehmenskennzeichens ausnutzt) weder das Unternehmenskennzeichen noch die Marke verwenden darf. Der Kläger „gewinnt“ den Prozess und trägt trotzdem 80 % der Kosten.
Ist das gerecht? Oder besser kann das richtig sein?
Die Antragstellung ist in derartigen Fällen auf Grund der neuen Rechtsprechung des BGH, der diese vielleicht wieder aufgeben wird, nicht ganz einfach.
Da die schriftliche Fassung der Anträge mehr oder weniger unmaßgeblich ist, kann man in der mündlichen Verhandlung diese umstellen bzw. ändern, da die tatsächliche Stellung der Anträge in der Verhandlung erfolgt.
Bislang war es so, dass die Anträge kumulativ gestellt werden konnten. Dies hat sich seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2011 geändert. Die Begründung zu den Ansprüchen muss nun in ein Alternativverhältnis gesetzt werden.
Kostenrechtlich wird das Risiko nun hoch.
Das Landgericht München handhabt es bislang (bis 13.04.2013 jedenfalls) so, dass wenn der Unterlassungsanspruch allgemein geltend gemacht bzw. formuliert wird und in den Anträgen die Kennzeichenrechte nicht einzeln genannt werden, es dann auch bei in der Begründung beschriebenen anspruchsbegründenden Kennzeichenrechten nicht zu einer Kostentragungspflicht führt, wenn jedenfalls ein Kennzeichenrecht den Unterlassungsanspruch begründet.
Im Zivilrecht galt schon immer, was nun im Wettbewerbs- und Markenrecht auch gilt. Zwar kennt die ZPO die alternative Klagehäufung nur als „no go“…
Nach § 253 ZPO muss die Klageschrift nämlich “die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag” enthalten.
Bei Unterlassungsanträgen galt bisher die Ausnahme, dass die Klagehäufung zulässig war, was auch gut war, da der gewerbliche Rechtsschutz hier Anlass für die Sonderbehandlung war.
Vollstreckungsrechtlich war dies allerdings ein Problem – oder besser konnte eins sein, wenn beispielsweise ein Kennzeichenrecht erloschen war und das Gericht in seinem Urteil keine konkrete Aussage darüber getroffen hat, worauf es den Unterlassungsanspruch gestützt hat.
Rechtsanwalt Arno Lampmann von der Kölner Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Partnerschaft hat in seinem Blog „http://www.lampmann-behn.de/lbr-blog/2011/05/umkehr-des-bgh-verbot-der-alternativen-klagehaufung-fuhrt-zu-streitwertexplosion-und-erhohtem-kostenrisiko/“ eine gute Beschreibung des Problems gegeben:
„Hat das Gericht etwa einen Verbotsausspruch auf mehrere Kennzeichenrechte der klagenden Partei gestützt – wie dies im Streitfall geschehen ist -, lässt das Erlöschen eines der Kennzeichenrechte den Verbotsausspruch unberührt. Dagegen kann der Beklagte mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegen einen Unterlassungstitel vorgehen, wenn die Verurteilung nur auf ein Kennzeichenrecht gestützt und dieses erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 28 f. = WRP 2010, 266 – EIFEL-ZEITUNG).“
Weiter führt er aus – und zeigt eine gute Lösung auf, die natürlich nicht als Allheilmittel zu sehen ist – aber zumindest eine Alternative darstellt:
„Einzig sinnvoller Ausweg aus der prozessualen Misere: ein Vorgehen im Wege der so genannten eventuellen Klagehäufung…
Weitere mögliche Lösung: eventuelle Klagehäufung durch verdeckte Hilfsanträge. Dabei stellt der Gläubiger eines Unterlassungsanspruches in Bezug auf eine Werbeanzeige nach wie vor nur einen Klageantrag, staffelt dann aber in der Begründung die einzelnen Gründe auf, die das Gericht prüfen soll und setzt sie in ein Eventualverhältnis zueinander.
Ein solches Vorgehen entbindet den Kläger jedoch nicht davon, sich zu überlegen, welche der Klagebegründungen er für am meisten Erfolg versprechend hält, diese als Hauptvorbringen in den Prozess einzuführen und die weiteren von ihm für aussichtsreich gehaltenen Klagebegründungen in absteigender Reihenfolge jeweils hilfsweise daran zu knüpfen. Da äußerlich nur ein Antrag vorliegt und nur alternative Sachverhaltsvarianten vorgetragen werden, handelt es sich dabei um so genannte verdeckte Hilfsanträge.“
Prozessieren ist damit noch mehr zur Bootsfahrt „Auf Hoher See …“ geworden…aber man weiß ja, auch bei einer Reise nie wirklich, was einen erwartet – so muss man es wohl sehen – streng nach dem Motto „Nichts ist unmöglich!“
In diesem Bereich heißt das unter Umständen:
„Sieg auf ganzer Linie – der Kläger trägt die Kosten zu 80 Prozent“.
Frei übersetzt: „The winner taks it all“ oder „nearly all“…
Für diejenigen, die die Leitsätze ohne nach der Entscheidung googeln zu müssen, lesen wollen:
“a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.
b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungs- oder der Revisionsinstanz nachholen.
c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst in der Revisionsinstanz vor, kann der auch im Prozessrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben den Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung des Revisionsgerichts stellen muss.”